Analog und digital gegen Rechts: Hans Lauterbach, Imanuelle Leo, Hilde Lindner-Hausner, Klara Werner (von links, wo sonst) vom neu gegründeten Oberpfälzer Bündnis für Toleranz und Menschenrechte (OBTM) Weiden-Neustadt planen Proteste gegen die Querdenken-Demo.

Die Coronazahlen steigen in Weiden, die Querdenken-Demo am 24. Oktober rückt näher. Während die Querdenker die nächste Verschwörung vermuten, eine Menschenkette um die Altstadt planen und gegen Coronaauflagen klagen wollen, werden die Gegenproteste immer kreativer und vor allem mehr.

Sechs Demonstrationen sind in Weiden mittlerweile für den 24. Oktober angemeldet. Die wohl kurioseste: Die Querdenker wollen endlich ihre Menschenkette in Weiden vollenden. Am 3. Oktober war das schon in Konstanz um den Bodensee geplant, und ist gescheitert. Nun versuchen sie es in Weiden und wollen eine Menschenkette rund um die Altstadt bilden. Das bestätigt die Pressestelle der Stadt Weiden. Dazu hat Helmut Bauer aus Eslarn noch Aufmarsch, Autocorso, Fahrradcorso und Kundgebung am Neuen Festplatz mit den “Stars der Querdenkerszene” angemeldet. Reichsfahnen will er auf seiner Demo nicht verbieten, CSU- und SPD-Plakate schon.

Weiden und die Region entwickeln sich zu einem zentralen Punkt des rechtsextremen Milieus.

Hans Lauterbach, OBTM weiden-Neustadt

Auch die Gegenproteste formieren sich. Ein Bündnis gegen Rechts hat sich in Weiden gegründet, Ende September, just am selben Tag, an dem die Querdenker ihre Demo auf Youtube in Weiden ankündigten. Das “Oberpfälzer Bündnis für Toleranz und Menschenrechte (OBTM) Weiden-Neustadt” plant mehrere Gegendemos am 24. Oktober. Doch das ist nicht das einzige Ziel des Bündnisses. Angelehnt an das OBTM Schwandorf, Amberg, Cham will es gegen Rechts vorgehen und eine offene Gesellschaft fördern, überparteilich und kreativ.

“Höchste Zeit” für Bündnis gegen Rechts

Das ist höchste Zeit, sagt einer der Initiatoren, Hans Lauterbach: “Weiden und die Region entwickeln sich zu einem zentralen Punkt des rechtsextremen Milieus.” Mit zwei AfD-Abgeordneten im Landtag, Patrick Schröder aus Mantel als Aktiver in der Neonaziszene, Helmut Bauer mit seiner Facebook-Gruppe “Der grüne Schrei” und nicht zuletzt der neu formierten esoterisch und verschwörungsideologisch geprägten Gruppe “Friedenshelden”.

Querdenken-Demo soll kein “Superspreader” sein

Verfolge man die Telegram-Chats, gebe es immer wieder die Andockpunkte zum rechten Rand, sagt Lauterbach. Wenn Bauer etwa Helfer für die Demo sucht, rede er von “Querschützen”. Theorien machten in den rechten Chats die Runde, dass die Stadt die Corona-Auflagen erhöhe, um die Querdenken-Demo zu verhindern. Absurde Gedanken, aber sehr typisch für die rechtsideologische und verschwörungstheoretische Szene der Querdenker.

Viele junge Leute wissen nicht, was abgeht. Dass es so viele Rechte bei uns gibt, die in die gesellschaftliche Mitte reinwollen.

Klara werner, Bündnis OBTM Weiden-Neustadt

Doch nun steigen die Coronazahlen in Weiden, gerade sind nur noch 50 Leute auf Demos erlaubt. Helmut Bauer hat bereits in der Querdenken-Telegram-Gruppe angekündigt vor dem Verwaltungsgericht zu klagen, damit er die Demo wie geplant mit 200 Teilnehmern durchführen kann, erzählt Lauterbach von OBTM. “Das ist typisch für den Maximalprovokateur aus Eslarn, der sich für nichts zu schade ist”, sagt Lauterbach über Bauer. Das Bündnis fordert Polizei und Stadt auf, die Coronaauflagen auf der Querdenken-Demo strikt durchzusetzen, dass das Ereignis nicht zu einem “Superspreader” werde.

Junge Leute zu unpolitisch

OBTM Weiden-Neustadt selbst will ihre bereits angemeldeten Gegenproteste auf dem neuen Festplatz und im Park erstmal auf Eis legen, und das Infektionsgeschehen weiter abwarten. Musik, Reden, kreative Aktionen waren geplant. Aber die Veranstalter wollen keine Risiken eingehen, und wenn nötig den Protest ins Netz verlagern. Dafür gibt es auch schon eine Instagram-Seite “@obtm.weiden”.

Der Instagram-Auftritt des neuen Bündnisses. Screenshot: Instagram

Langfristiges Ziel von OBTM Weiden-Neustadt ist auch, jüngere Leute zu mobilisieren. Das klappt vor allem über soziale Medien, ist sich Klara Werner sicher. Bei vielen ihrer Altersgenossen fehle das politische Interesse, sagt sie. “Das ist das bayerische Privileg unpolitisch sein zu können.” Vielen gehe es einfach zu gut, dass sie Probleme wahrnähmen. Doch das könne man ändern, durch Aufklärung. “Viele junge Leute wissen nicht, was abgeht. Dass es so viele Rechte bei uns gibt, die in die gesellschaftliche Mitte reinwollen.” Auch in der Schule gebe es zu wenige Diskussionen zu politischen aktuellen Themen, sagt die ehemalige Keplerschülerin. Und das obwohl viele Einrichtungen stolz das Label  „Schule ohne Rassismus“ tragen.