Immer mehr Menschen brauchen in der Coronakrise kostenloses Essen. Stadträtin Sonja Schuhmacher droht dem Vorsitzenden nun Schadensersatzforderungen an, weil er die Maskenpflicht durchsetzt.

“Sie als Stadträtin sind eine Schande für Weiden und mitverantwortlich für den hohen Weidener Inzidenzwert.” Das hat Josef Gebhardt, der Vorsitzende der Weidener Tafel, der parteilosen Stadträtin Sonja Schuhmacher geschrieben. Der Hintergrund: Schuhmacher droht ihn mit einer Klage, weil er die Maskenpflicht bei der Tafel Weiden durchsetzt.

Weiden/Oberpfalz. Die Tafel Weiden-Neustadt arbeitet seit der Coronakrise am Limit. Mitarbeiter*innen bleiben aus Angst vor Ansteckung daheim, aber immer mehr Weidener brauchen kostenlose Lebensmittel. Tafel-Vorsitzender Josef Gebhardt sitzt im Büro der Tafel in Weiden-Mooslohe und ist wütend. Seine Stimme überschlägt sich, er redet laut und schnell. Er schimpft über den Brief von Sonja Schuhmacher, dazwischen platzen immer wieder Mitarbeiter*innen ins Büro. Wo sind die blauen Säcke, wo ist die Kasse, wo soll die neue Lebensmittelspende hin? Draußen vor der Tür wird die Schlange vor der Ausgabe immer länger.

30 Stunden pro Woche arbeitet Gebhardt meistens in seinem Ehrenamt als Vorsitzender, gerade sind es eher 50, sagt er. “Ehrenamtlich Tätige so zu bedrohen, dazu gehört schon eine große Portion Ignoranz”, auch das hat er Schuhmacher geantwortet auf ihre Mail. In dieser hat Stadträtin Sonja Schuhmacher ihm geschrieben, dass Mund-Nase-Masken gesundheitsschädlich seien. Sie fordert ihn auf, die Maskenpflicht auszusetzen und droht ihm mit Schadenersatzforderungen. Sie schreibt ihm: “Deshalb möchte ich Sie bitten, auf eine rigorose Durchsetzung der entsprechenden Verordnungen zu verzichten und die Besucher und Mitarbeiter der Tafel frei atmen zu lassen, wenn sie dies möchten und müssen. Zumal Sie persönlich wegen Schadensersatz herangezogen werden können, sollte in Ihren Räumen jemand wegen zu geringer Sauerstoffversorgung unter einer Mund-Nase-Bedeckung zusammenbrechen.” Die Mail ist unterschrieben mit: Sonja Schuhmacher, Stadträtin.

Josef Gebhardt arbeitet gerade 50 Stunden pro Woche in seinem Ehrenamt als Tafel-Vorsitzender. Über den Brief von Sonja Schuhmacher regt er sich deshalb besonders auf.

Wie die Tafel Weiden darauf reagiert, erklärt Josef Gebhardt im Interview.

Was hat Sie an dem Brief von Frau Schuhmacher so wütend gemacht?
Die Bedrohung, dass ich mir ein Gerichtsverfahren zuziehen kann. Diese Drohung, ich mache mich schuldig, straffällig.

Gibt es eine Vorgeschichte dazu? Hat Frau Schuhmacher sie einfach aus dem Blauen hinaus angeschrieben?
Es geht um eine Lebensmittelabholerin, die schwanger ist. Ich denke im zweiten Monat. Sie ist die einzige Abholerin, die sich weigert, eine Maske aufzusetzen. Auf Bildern habe ich gesehen, dass die Dame auch bei dem Fackelzug der Querdenken-Demo am 24. Oktober dabei war, der am Klinikum vorbeigegangen ist. Wir haben einen Vorstandsbeschluss, der besagt: Wir schließen Mitarbeiter oder Lebensmittelabholer aus, die sich weigern, eine Maske aufzusetzen. Wir haben mit der Frau geredet und uns darauf geeinigt, dass sie einen Schal vor Mund und Nase bindet. Wenn Frau Schuhmacher daran interessiert wäre, das anders zu lösen, wäre sie ins Büro gekommen. Aber ihr geht es um was anderes.
Wir haben ja auch andere Fälle, psychisch kranke Menschen, die nicht in der Schlange stehen können. Denen reservieren wir dann extra Ausgabezeiten.

Wie haben Ihre Mitarbeiter*innen auf das Schreiben reagiert?
Die wissen das noch gar nicht.

Wie reagieren Sie darauf?
Jeder, der bei diesen Maskenverweigerungsdemos nachweislich dabei ist oder sich weigert eine Maske aufzusetzen, werde ich ins Büro bitten und Hausverbot erteilen. Diese Leute haben ein erhöhtes Infektionsrisiko.
Die ganze Coronazeit über sind wir durchgekommen, ohne dass sich ein Mitarbeiter infiziert hat. Wir arbeiten mit Händen und Füßen, um den Laden am Laufen zu halten. Solche Briefe von Frau Schuhmacher sind Querschüsse. Wie kann man sich zu sowas erdreisten? So eine Unverschämtheit. Meine erste Reaktion war, die Tafel zu schließen, bis sich die Politik eindeutig positioniert hat, aber das lässt sich aus zeitlichen Gründen nicht durchführen.

Jeder bei der Tafel Weiden-Neustadt muss Maske tragen, Mitarbeiter*innen und Abholer*innen. Wer sich weigert, bekommt Hausverbot, kündigt Gebhardt an. Er hat Angst vor Infektionen.

Sehen Sie wirklich einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den coronakritischen Demos in Weiden und dem hohen Inzidenzwert in der Stadt?
Ja, auf jeden Fall. Die Teilnehmer dieser Demos sind ein höheres Risiko. Die Leute reisen ja teilweise durch ganz Deutschland, um auf Demos zu fahren.

Frau Schuhmacher hat Sie als Stadträtin angeschrieben, was für Reaktionen erwarten Sie von der Stadt Weiden und Oberbürgermeister Jens Meyer?
Die Stadt Weiden soll mir sagen, ob ich die Maskenpflicht nun durchsetzen muss oder nicht. Das ist ja Pflicht. Die sollen darüber informiert sein, was ihre Kollegin macht. Das schreit doch zum Himmel. Da werden Gelder rausgeschmissen, anstatt einmal ein klares Wort zu sagen.
Ich werde auch die Tafel Deutschland informieren über den Vorfall mit der Bitte, sich dazu zu äußern.