Bewacht von Aloisius diskutieren Carolin Schiml (BUND Naturschutz), Jana Janota (Amtsleiterin Städtebaudezernat), OB Jens Meyer und Anwohner Roland Jezussek über die Zukunft des alten Bahngeländes.

Podiumsgäste diskutieren im Parapluie mit Anwohnern über die Zukunft des „Neuen Quartiers Bahnstadt Weiden“. OB Jens Meyer schlägt eine Revolution vor. War das wohl ein göttlicher Ratschlag, den der Aloisius ihm übermittelte? Der nämlich schwebte über der ganzen Szenerie.

Am Anfang zumindest öffnete der Himmel schonmal seine Schleusen. Die Eröffnungsrede von Moderatorin Sabine Mende, bekannt als Wirtin des Parapluie, ging im Starkregen unter.

Vor allem ging es bei der Diskussion um das ehemalige Bahnbetriebswerk westlich der Gleisanlagen, das weitgehend brach liegt. 2010 wurde das Gebiet bereits in das Stadtentwicklungskonzept (Abkürzung: SEK) aufgenommen. In dem Konzept schrieb die Stadt damals, sie wolle prüfen, ob die Bahn die Flächen noch braucht und stellte fest, dass der Bereich “funktionale Schwächen” und “Neuordnungsbedarf” aufweise. Mit dem Namensvetter der Polizei, dem Spezialeinsatzkommando (auch Abkürzung: SEK), hat das Stadtentwicklungskonzept nicht viel gemein. Denn 11 Jahre später, so resümiert Sabine Mende, ist das Konzept weit entfernt von Schnellschüssen. Nachdem der Bahnkonzern damals sehr ablehnend auf die Anfrage der Stadt reagierte, stagniert das Konzept.

Sabine Mende eröffnet im Starkregen die Podiumsdiskussion.

Nun wollen die Bürger*innen die Sache selbst in die Hand nehmen. Mit OB Jens Meyer ist die Stadtspitze dabei. Auch Verantwortliche der Bahn wurden eingeladen, doch keiner kam.

1 Kilometer Umweg statt 100 Meter

Das ist schade, denn nach Aussage von Meyer kann die Stadt nicht viel beeinflussen. Angesprochen auf die fehlende Barrierefreiheit am Bahnhof (kein Aufzug, Gepäckbänder funktionieren selten bis nie) sagt er, das sei Aufgabe der Bahn – er habe schon “zigmal” erfolglos angerufen. Auch die Idee, ein Fußgänger- und Fahrradbrücke über die Gleise nach Lerchenfeld zu bauen, scheint kompliziert in der Umsetzung. Dabei gibt es gute Argumente: Carolin Schiml vom BUND Naturschutz hat ausgerechnet, dass der Weg zum Bahnhof vom Parapluie mehr 1 Kilometer lang ist, Luftlinie 100 Meter.

Sind wir Bürger zweiter Klasse?

Frage eines ANwohners an den Oberbürgermeister

OB Jens Meyer stimmt zu. Auch er wohne in dem Viertel und finde den unnötigen Umweg unerträglich. Doch bei einer Brücke über die Gleise bräuchte es ja Aufzüge, und das wäre dann wirklich zu aufwendig. Das macht das Publikum wütend. Das mit der Brücke plus Aufzug funktioniere in Regensburg doch auch, sagt ein Anwohner: “Oder sind wir Bürger zweiter Klasse?” Aber Weiden sei doch nicht mit Regensburg vergleichbar, so Meyer. Carolin Schiml merkt an, dass es sogar in Reuth bei Erbendorf eine Brücke mit Aufzug über die Gleise gebe. Und das sei nun wirklich nicht Großstadt. Meyer plädiert stattdessen für einen Durchstich, ähnlich wie beim Wittgarten.

Kulturbühne am Bahnhof = Kulturbahnhof

Doch auch konstruktiv geht es zu bei der Diskussion: Einen Parkplatz und Wohnmobilstellplatz wünscht sich Parapluies Wirt Bernd Mende auf dem Gelände des alten Rangierbahnhofes. Die alten Backsteingebäude solle man erhalten und zur Kulturbühne aufwerten. Da gibt es Applaus aus dem Publikum. Die Weichen sind von Bürgerseite auf Kultur gestellt. Doch auch die Natur soll ihren Platz finden. In den Jahrzehnten Leerstand hat sich die Natur einiges zurückgenommen. Fledermäuse gebe es viele und auch Waldameisen hätten sich angesiedelt, sagt ein Anwohner.

Fest steht doch am Ende der Diskussion. Weiden ist zu klein, als dass die Dynamik von selber kommt. Eine Petition, um das Gelände nach Bürgerwille zu gestalten, soll her. “Ja wir machen eine Petition”, frohlockt Jens Meyer. “Und wenn nicht, dann machen wir eine Revolution.” Kämpferischer Applaus aus dem Publikum.

Das fanden alle cool, außer drei junge Kerle, die ziemlich alkoholisiert zwar keine Wortmeldungen machten, aber unmissverständlich zeigten, dass sie die ganze Veranstaltung nervt. “Luxusprobleme!”, ruft einer beim Abschlussapplaus. Als sie gehen, brüllen sie laut “Anti-Antifa” durch die Straßen. Dackeldorf hat die Revolution also auf jeden Fall nötig.

Für den Terminkalender: Am 29. Juli ist die nächste Diskussionsrunde zum Thema im Parapluie.